Der richtige Zeitpunkt? Je früher, desto besser!

Hörgeräte werden weiterentwickelt, optimiert und immer modischer gestaltet, weil das Tragen eines Hörgerätes zur Verbesserung der Lebensqualität beiträgt und das Hörgerät aus der Tabu-Zone geholt werden soll.

Warum? Ältere Menschen profitieren von Hörgeräten, weil es ihnen erlaubt am sozialen Leben aktiv teilzunehmen, neue Anregungen aufzunehmen und so geistig fit zu bleiben. Für Kinder und Jugendliche ist die Früherkennung von Hörminderungen entscheidend für eine altersadäquate Lernentwicklung. Durch eine entsprechende Versorgung sind sie weiter in der Lage immer Neues zu lernen.

Dies gilt auch für die Erwachsenen, die mitten im Leben stehen. Sie müssen sich im Beruf und in der Familie auf neue Herausforderungen einstellen und sich immer wieder bewähren. Sätze wie „Du hörst mir gar nicht zu.“ oder „Das haben wir doch letzten Donnerstag im Team besprochen.“ irritieren und schaffen Verunsicherung. Ein Hörgerät kann viel dazu beitragen die Kommunikation zu vereinfachen und unnötigen Stress abzubauen.

Wer sich nicht sicher ist, ob eine Hörminderung vorliegt, kann beim Hörgeräteakustiker einen kostenlosen Hörtest machen. Es ist aber der Hals-Nasen Ohrenarzt der eine Hörgeräteversorgung verordnet. Ausschlaggebend sind die Ergebnisse der ton- und sprachaudiometrischen Messungen auf dem besseren Ohr. Wird bei Tonaudiometrie auf mindestens einer Frequenz zwischen 500 und 4000 Hz eine Hörminderung um 30dB festgestellt und bei der Sprachaudiometrie eine Verstehensquote von 80% und weniger festgestellt, dann liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für die Verordnung eines Hörgerätes vor1. In der Regel werden dann beide Ohren mit Hörgeräten versorgt.

Viele Menschen merken erst spät oder wollen sich nicht eingestehen, dass sie schlechter hören und nehmen dadurch Beeinträchtigungen und zum Teil erhebliche Einschränkungen auf sich. Es ist allerdings besser bei einer Hörminderung so frühzeitig wie möglich zu reagieren. Dafür gibt es mehrere Gründe:

Schlechteres Hören (über-)fordert das Gehirn

Auch wenn das Gehör ein Wunderwerk der Natur ist, so findet die eigentliche Informationsverarbeitung im Gehirn statt. Dieses ist aufgrund der Sprach- und Hörerfahrung in der Lage, bestimmte fehlende Elemente assoziativ bzw. durch Überlegung zu ersetzen.

Der Vorgang gleicht einem Telefongespräch in einem schlechten Netz: Ein Teil des Gesagten wird verstanden, ein Teil erahnt, ein anderer Teil mehr oder weniger erfolgreich ergänzt. Ein weiterer Teil wird von anderen Geräuschen „verschluckt“ und geht dabei ganz verloren. Ein solches Telefongespräch wird in der Regel schnell beendet. Es ist unangenehm und anstrengend.

Bei einer Gehörminderung läuft dieser Prozess des „Puzzelns“ oft über einen längeren Zeitraum unbemerkt ab. Diese Fähigkeit des Gehirns Fehlendes auszugleichen wird bei einer Hörminderung ständig in Anspruch genommen. Doch für eine solche Dauerbelastung ist sie nicht ausgelegt. Das Gehirn wird überanstrengt. Es ermüdet und die Konzentration sinkt.

Hören wird verlernt

Eine weitere gravierende Folge der Hörminderung ist die Gehörentwöhnung. Das Gehirn hat zwar die Informationen über Geräusche, Klänge und Stimmen gespeichert, aber das heißt nicht, dass sie auf alle Zeit zur Verfügung stehen, wenn sie nicht immer wieder aktiviert werden. Das Gehirn „vergisst“ im Laufe der Jahre, wie sich bestimmte Geräusche angehört haben.

Hörgeräteträger, die sich erst spät für ein Hörgerät entscheiden, kennen die negativen Folgen dieses Effekts: Das Hörgerät ist gut eingestellt, aber bestimmte Geräusche, wie Geschirrklappern oder ein tropfender Wasserhahn dringen wie Höllenlärm ins Gehirn. Mit der Zeit gewöhnt sich das Gehirn daran und die Töne finden wieder ihren Platz im Konzert der Geräusche. Aber es erschwert die Eingewöhnung und nicht wenige geben auf.

 

[1] Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Hilfsmittel-Richtlinie), in Kraft getreten am 01.04.2012